Dienstag, 15. März 2011
Super-GAU 16-Prozent-Wahrscheinlichkeit
a_schneider, 07:53h
In Europa kommt es mit einer 16-Prozent-Wahrscheinlichkeit zum Super-GAU
Risikotechnik Atomkraft
Zahlreiche Sicherheitsstudien haben gezeigt, dass es in allen Atomkraftwerken zu schweren Unfällen ("Super-GAU") kommen kann, bei denen ein Großteil der lebensbedrohlichen radioaktiven Stoffe in die Umgebung freigesetzt wird. Die technischen Einrichtungen können versagen und auch die Menschen, die in den Kraftwerken arbeiten, können schwerwiegende Fehler machen, die zum Super-GAU führen. Hinzu kommt die Gefahr terroristischer Anschläge auf Atomkraftwerke.
Eine besondere Gefahrenquelle stellt auch die zunehmende Liberalisierung der Strommärkte dar. Denn dadurch steigt der Kostendruck auf die Atomkraftwerksbetreiber. In Deutschland führte dies beispielsweise schon dazu, dass die Zahl der Prüfungen von sicherheitsrelevanten Komponenten reduziert und notwendige Reparaturen zeitlich verschoben werden.
Bemerkenswerte Vorkommnisse in deutschen Atomkraftwerken
Es ist bemerkenswert, was in den deutschen Atomkraftwerken verborgen hinter grauen Mauern schon alles geschehen ist. Rohrleitungen rosten vor sich hin und bekommen immer wieder gefährliche Risse. Vereinzelt sind bereits Rohrleitungen geplatzt. Eine heftige Wasserstoffexplosion zerstörte in einem Atomkraftwerk eine Rohrleitung. Immer wieder fallen in Atomkraftwerken die Brennelemente von den Verladekränen. Wiederholt stoppte das Kraftwerkspersonal absichtlich zentrale Sicherheitssysteme. Nach der Reparatur von Sicherheitssystemen wird nicht selten vergessen, diese wieder zu aktivieren. Es kam vor, dass ein Schutzhelm bei Wartungsarbeiten in eine Pumpe gefallen ist und später zum Ausfall von zwei sicherheitstechnisch wichtigen Pumpen führte.Blitze und Unwetter führten wiederholt zum gefürchteten "Notstromfall". In einem taiwanesischen Atomkraftwerk kam es sogar schon zum Totalausfall der Stromversorgung. Mehrfach gab es in deutschen Atomkraftwerken gefährliche Brände. Aufgrund von Alterungsprozessen verstellen sich immer wieder Sollwerte in der Kraftwerkssteuerung, so dass Sicherheitssysteme nicht ordnungsgemäß aktiviert werden. Eine neue digitale Steuerungstechnik wie sie auch beim Europäischen Druckwasserreaktor (EPR) eingesetzt wird führte in einem Atomkraftwerk dazu, dass mit dem Schnellabschaltsystem die wichtigste Sicherheitseinrichtung außer Kraft gesetzt wurde ... Die Liste ließe sich fortsetzen.Schon zwei Kernschmelz-Unfälle: Harrisburg und Tschernobyl
Die große Gefahr besteht darin, dass die Kühlung des Reaktorkerns, in dem sich die uranhaltigen Brennstäbe befinden, versagt und der Reaktorkern aufgrund der hohen Temperaturen schmilzt. Kommt es zur so genannten "Kernschmelze", dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die radioaktiven Stoffe in die Umgebung freigesetzt und mit den Luftmassen über Hunderte oder gar Tausende von Kilometern verbreitet werden.
Im US-amerikanischen Atomkraftwerk Harrisburg (Three Mile Island/TMI) ist 1979 ein Drittel des Reaktorkerns geschmolzen. Im ukrainischen Tschernobyl kam es 1986 zur vollständigen Kernschmelze und zur Freisetzung des radioaktiven Inventars. Die "Strahlenwolke" von Tschernobyl verbreitete sich über ganz Europa und verseuchte Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel.Wahrscheinlichkeit für einen Super-GAU in Europa: 16 Prozent
Das Risiko, dass es zu einem schweren Atomunfall, zum Super-GAU, kommt, ist keineswegs gering. Nach der offiziellen "Deutschen Risikostudie Kernkraftwerke - Phase B" kommt es in einem deutschen Atomkraftwerk mit einer Wahrscheinlichkeit von 2,9 x 10-5 pro Jahr (2,9E-05/a) zu einem Kernschmelzunfall. Legt man heute eine Betriebszeit eines Atomkraftwerks von 40 Jahren zugrunde, so ergibt sich für einen Atomkraftwerksblock eine Super-GAU-Wahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent.Mit der Zahl der betriebenen Atomkraftwerke steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit für einen Super-GAU. In der Europäischen Union waren Anfang des Jahres 2004 mehr als 150 Atomkraftwerksblöcke in Betrieb. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in Europa innerhalb von 40 Jahren zu einem Super-GAU kommt, liegt demnach bei 16 Prozent oder anders ausgedrückt bei 1 zu 6.Dies entspricht der Wahrscheinlichkeit, beim Würfeln auf Anhieb eine 6 zu würfeln.Wahrscheinlichkeit für einen Super-GAU weltweit: 40 Prozent
Entsprechend kann man auch abschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit es in einem der weltweit betriebenen Atomkraftwerke zum Super-GAU kommt. 2004 waren rund 440 Atomkraftwerksblöcke in Betrieb. Global betrachtet liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Super-GAU innerhalb von 40 Jahren bei 40 Prozent.Die Zeitspanne von 40 Jahren heißt aber nicht, dass es erst in 40 Jahren zum Unfall kommen kann. Der Super-GAU kann bereits morgen oder übermorgen Realität werden. Genauso wenig ist auszuschließen, dass innerhalb von 40 Jahren zwei oder dreimal ein Super-GAU eintritt. Die Internationale Atomenergie Organisation (IAEA) und im Atomgeschäft tätige Unternehmen wie Siemens und AREVA plädieren für einen weiteren Ausbau der Atomenergie. Es liegt auf der Hand, dass das Risiko für einen Atomunfall dann noch weiter ansteigen würde.Von Henrik Paulitz
vgl.:http://www.ippnw.de/atomenergie/atomenergie-sicherheit/artikel/25f63174b2/in-europa-kommt-es-mit-einer-16-proz.html
Risikotechnik Atomkraft
Zahlreiche Sicherheitsstudien haben gezeigt, dass es in allen Atomkraftwerken zu schweren Unfällen ("Super-GAU") kommen kann, bei denen ein Großteil der lebensbedrohlichen radioaktiven Stoffe in die Umgebung freigesetzt wird. Die technischen Einrichtungen können versagen und auch die Menschen, die in den Kraftwerken arbeiten, können schwerwiegende Fehler machen, die zum Super-GAU führen. Hinzu kommt die Gefahr terroristischer Anschläge auf Atomkraftwerke.
Eine besondere Gefahrenquelle stellt auch die zunehmende Liberalisierung der Strommärkte dar. Denn dadurch steigt der Kostendruck auf die Atomkraftwerksbetreiber. In Deutschland führte dies beispielsweise schon dazu, dass die Zahl der Prüfungen von sicherheitsrelevanten Komponenten reduziert und notwendige Reparaturen zeitlich verschoben werden.
Bemerkenswerte Vorkommnisse in deutschen Atomkraftwerken
Es ist bemerkenswert, was in den deutschen Atomkraftwerken verborgen hinter grauen Mauern schon alles geschehen ist. Rohrleitungen rosten vor sich hin und bekommen immer wieder gefährliche Risse. Vereinzelt sind bereits Rohrleitungen geplatzt. Eine heftige Wasserstoffexplosion zerstörte in einem Atomkraftwerk eine Rohrleitung. Immer wieder fallen in Atomkraftwerken die Brennelemente von den Verladekränen. Wiederholt stoppte das Kraftwerkspersonal absichtlich zentrale Sicherheitssysteme. Nach der Reparatur von Sicherheitssystemen wird nicht selten vergessen, diese wieder zu aktivieren. Es kam vor, dass ein Schutzhelm bei Wartungsarbeiten in eine Pumpe gefallen ist und später zum Ausfall von zwei sicherheitstechnisch wichtigen Pumpen führte.Blitze und Unwetter führten wiederholt zum gefürchteten "Notstromfall". In einem taiwanesischen Atomkraftwerk kam es sogar schon zum Totalausfall der Stromversorgung. Mehrfach gab es in deutschen Atomkraftwerken gefährliche Brände. Aufgrund von Alterungsprozessen verstellen sich immer wieder Sollwerte in der Kraftwerkssteuerung, so dass Sicherheitssysteme nicht ordnungsgemäß aktiviert werden. Eine neue digitale Steuerungstechnik wie sie auch beim Europäischen Druckwasserreaktor (EPR) eingesetzt wird führte in einem Atomkraftwerk dazu, dass mit dem Schnellabschaltsystem die wichtigste Sicherheitseinrichtung außer Kraft gesetzt wurde ... Die Liste ließe sich fortsetzen.Schon zwei Kernschmelz-Unfälle: Harrisburg und Tschernobyl
Die große Gefahr besteht darin, dass die Kühlung des Reaktorkerns, in dem sich die uranhaltigen Brennstäbe befinden, versagt und der Reaktorkern aufgrund der hohen Temperaturen schmilzt. Kommt es zur so genannten "Kernschmelze", dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die radioaktiven Stoffe in die Umgebung freigesetzt und mit den Luftmassen über Hunderte oder gar Tausende von Kilometern verbreitet werden.
Im US-amerikanischen Atomkraftwerk Harrisburg (Three Mile Island/TMI) ist 1979 ein Drittel des Reaktorkerns geschmolzen. Im ukrainischen Tschernobyl kam es 1986 zur vollständigen Kernschmelze und zur Freisetzung des radioaktiven Inventars. Die "Strahlenwolke" von Tschernobyl verbreitete sich über ganz Europa und verseuchte Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel.Wahrscheinlichkeit für einen Super-GAU in Europa: 16 Prozent
Das Risiko, dass es zu einem schweren Atomunfall, zum Super-GAU, kommt, ist keineswegs gering. Nach der offiziellen "Deutschen Risikostudie Kernkraftwerke - Phase B" kommt es in einem deutschen Atomkraftwerk mit einer Wahrscheinlichkeit von 2,9 x 10-5 pro Jahr (2,9E-05/a) zu einem Kernschmelzunfall. Legt man heute eine Betriebszeit eines Atomkraftwerks von 40 Jahren zugrunde, so ergibt sich für einen Atomkraftwerksblock eine Super-GAU-Wahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent.Mit der Zahl der betriebenen Atomkraftwerke steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit für einen Super-GAU. In der Europäischen Union waren Anfang des Jahres 2004 mehr als 150 Atomkraftwerksblöcke in Betrieb. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in Europa innerhalb von 40 Jahren zu einem Super-GAU kommt, liegt demnach bei 16 Prozent oder anders ausgedrückt bei 1 zu 6.Dies entspricht der Wahrscheinlichkeit, beim Würfeln auf Anhieb eine 6 zu würfeln.Wahrscheinlichkeit für einen Super-GAU weltweit: 40 Prozent
Entsprechend kann man auch abschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit es in einem der weltweit betriebenen Atomkraftwerke zum Super-GAU kommt. 2004 waren rund 440 Atomkraftwerksblöcke in Betrieb. Global betrachtet liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Super-GAU innerhalb von 40 Jahren bei 40 Prozent.Die Zeitspanne von 40 Jahren heißt aber nicht, dass es erst in 40 Jahren zum Unfall kommen kann. Der Super-GAU kann bereits morgen oder übermorgen Realität werden. Genauso wenig ist auszuschließen, dass innerhalb von 40 Jahren zwei oder dreimal ein Super-GAU eintritt. Die Internationale Atomenergie Organisation (IAEA) und im Atomgeschäft tätige Unternehmen wie Siemens und AREVA plädieren für einen weiteren Ausbau der Atomenergie. Es liegt auf der Hand, dass das Risiko für einen Atomunfall dann noch weiter ansteigen würde.Von Henrik Paulitz
vgl.:http://www.ippnw.de/atomenergie/atomenergie-sicherheit/artikel/25f63174b2/in-europa-kommt-es-mit-einer-16-proz.html
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